Salzburger Nachrichten
Eigentlich wäre das zehnjährige Bestehen des Vereins "Kinder haben Zukunft" ein Grund zum Feiern. Doch die Arbeit des Vereins, der sozial benachteiligte Kinder im Land Salzburg unterstützt, wird gerade auf eine harte Probe gestellt.
Wir spüren die aktuelle schwierige Zeit massiv. Obwohl wir gerade jetzt viel Unterstützung benötigen würden, ist die Spendenfreudigkeit stark zurückgegangen", berichtet Hannes Herbst vom Verein "Kinder haben Zukunft". Die durch die Corona-Krise sehr angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt sei stark spürbar.
"Wir erhalten sehr viele Anträge um Unterstützung"
Es gibt zum Beispiel mehr alleinerziehende Mütter, die aufgrund von Zahlungsproblemen des Vaters auf Unterhaltszahlungen verzichten müssen oder selbst auch von Kurzarbeit bzw. von Arbeitslosigkeit betroffen sind", so Hannes Herbst. Die meisten Anfragen an den Verein kommen von den jeweiligen Jugendämtern im Land Salzburg. Trotz des Spendenrückganges werde versucht, jeder bedürftigen Familie zu helfen.
Der Weihnachtsmarkt auf dem Alten Markt fehlt heuer zur Finanzierung der Vereinsarbeit
Bisher hat auch der alljährliche Weihnachtsmarkt auf dem Alten Markt in Salzburg zur Finanzierung der Vereinsarbeit beigetragen. Der Markt kann aber aus den bekannten Corona-Gründen heuer nicht stattfinden. "Die Absage ist bitter, aber auch nachvollziehbar. Wir werden trotzdem wieder versuchen, durch unsere guten Kontakte zu verschiedenen Firmen für bedürftige Familien Weihnachtsgeschenke zu organisieren."
Hannes Herbst ist Jugendamtsleiter an der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung und kennt die Situation von Familien, die von der Kinder- und Jugendhilfe aus betreut werden, aus erster Hand. "Zu Weihnachten gibt es bei sehr vielen dieser Familien keine Aufmerksamkeiten für die Kinder unter dem Christbaum, wenn ein Christbaum überhaupt leistbar ist.
Wenn die Sozialarbeiter dank dieser Aktion Geschenke bringen können, ist das für die Betreuungsarbeit der Kinder- und Jugendhilfe sehr wichtig, aber auch für die Sozialarbeiter selbst." Auch Wolfgang Mayr vom Forum Familie Flachgau, dem Elternservice des Landes, bemerkt die sozialen Folgen der Pandemie. "Was wieder aufflammt, wie schon bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr, sind die finanziellen Notlagen bei Familien und Alleinerziehenden durch die Zunahme von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Es gibt spezielle Hilfestellungen für die Auswirkungen von Covid-19, darauf weisen wir die Betroffenen gezielt hin", so Mayr.
In der derzeitigen Situation würden auch Fragen rund um Pflegeurlaub und Freistellungen auftreten. Bei den sich weiter verschärfenden Maßnahmen sei es für die Familien besonders wichtig, dass die Kinderbetreuungseinrichtungen geöffnet bleiben. Wolfgang Mayr: "Das ist entscheidend, damit die Eltern ihrer Erwerbsarbeit nachgehen können." Probleme gebe es derzeit auch für Oberstufenschüler, deren Unterricht nicht mehr an der Schule, sondern im "Homeschooling" erfolge.
Für viele Familien sind Laptops nicht leistbar
"Die Schüler brauchen einen Laptop, was für viele nicht so einfach leistbar ist." Es gebe aber Vereine wie "Kinder haben Zukunft" und private Sponsoren, die hier einspringen würden. Günstige gebrauchte, gerneralüberholte Computer und Laptops gebe es bei PC OK in Salzburg von "rwsanderskompetent", einer Einrichtung zur beruflichen und sozialen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen.
Im Caritas-Zentrum landen mehr Anfragen wegen Strom- oder Mietnachzahlungen
Im Caritas-Zentrum Neumarkt verzeichnet man ebenfalls mehr Anfragen. "Es melden sich einige neue Leute bei uns, aber es kommen auch Anfragen von Menschen, von denen man das letzte Mal vor Jahren etwas gehört hat", schildert Elisabeth Schmölzer, die Leiterin des Caritas-Zentrums. Schlagend würde auch, dass im Frühjahr während der ersten Corona-Welle gestundete Beträge jetzt oft zurückgezahlt werden müssten. "Wenn auf einmal eine Stromnachzahlung von 800 Euro fällig ist oder die Miete nachgezahlt werden muss, ist das für viele nicht mehr machbar. Auch Kautionen sind ein heißes Thema", so Schmölzer.
Hier könne man "Hilfe in besonderen Lebenslagen (HIBL) bei der Bezirkshauptmannschaft beantragen. Laut Schmölzer verschärft die Corona-Pandemie bereits bestehende Probleme. "Finanzielle Sorgen sind oft das Ergebnis von jahrelangen Gewaltbeziehungen. Bei Trennungen kann es passieren, dass die Wohnbeihilfe ausfällt, bis ein Gerichtsbeschluss vorliegt."
Wie zugespitzt die Lage oft sei, habe sich bereits während der ersten Corona-Welle gezeigt. "Die Lebensmittelpakete der Caritas, die im März, April und Juni verteilt wurden, fanden reißenden Absatz." Im Winter könnte die Lage noch schwieriger werden, auch in Hinblick auf Weihnachten. Coronabedingt falle auch die Beratung vor Ort aus.